Neckar früher oft zugefroren – Gefährlicher Eisgang Nach dem Abschalten des Kernkraftwerkes wird der Fluss im Winter kälter
Zugefrorener Neckar im Februar 1956. Die Stadthalle ist schon im Bau (Hintergrund).
Februar 2012
Von Rainer Hofmeyer
Ältere Bewohner der Neckarstadt können sich noch erinnern. Der Heimatfluss war in längeren Kälteperioden immer wieder zugefroren. Die Schifffahrt auf dem Fluss stand still. Eisbrecher kamen aufgrund der Stauhaltung zwischen den Schleusen ohnehin nicht in Frage. Und so warteten viele Interessierte gespannt darauf, bis die Wasserschutzpolizei am Lauer die Eisdecke geprüft und für Fußgänger freigegeben hatte.
Mit Asche wurde
vornehmlich auf der Strecke der Fähre zwischen der Stadtseite und Neckarwimmersbach eine Spur gelegt,
über die man den Neckar gefahrlos überqueren konnte. Schlittschuhläufer
ließen es sich dann auch nicht nehmen, vor der Stadt ihre Runden zu drehen.
Vor Ausbau des Flusses zur Großschifffahrtsstraße ab 1921
mit seiner Kanalisierung war der Neckar öfter zugefroren. Die Eberbacher nutzten das Eis auf ihre Weise. Sie brachen die Schollen und verstauten die kalten Brocken in Eiskellern, ehe dann elektrische Kühlschränke für den Erhalt von Lebensmitteln sorgten. Die Eberbacher Rosenbrauerei
hat sogar mit den im Winter geschlagenen Bruchstücken jahrzehntelang in ihren Kellern am Scheuerberg für Kühlung ihres Bieres
gesorgt.
Doch Eis auf dem Neckar ist nicht nur eine erfreuliche Sensation. Große Probleme zeigten sich für Eberbach insbesondere dann, wenn das Schmelzen des Eises mit einer Regenperiode einherging. Dann kam zum Hochwasser auch noch Eisgang. Die Stadtgeschichte berichtet von riesigen Schäden an den Gebäuden. An der Eberbacher Stadtseite der Neckarbrücke war sogar ein Hochwasserleitdamm
aufgeschüttet, der vor allem die Aufgabe hatte, die bei großer Flut die drückenden Eisschollen abzuhalten.
Der Damm wurde in den 1970er Jahren
in gutem Glaubenabgebaut.
Mit der Gefahr von Eisgang auf dem Neckar hat man damals nämlich nicht mehr gerechnet. Schließlich hatte das Abwasser des Kernkraftwerks Obrigheim
seit September 1968 den Fluss um mehrere Grade aufgewärmt. Danach war ein zugefrorener Neckar kaum noch zu erwarten. Seit Mai 2005 ist das AKW jedoch abgeschaltet.
Damit ist es wieder leichter möglich, dass der Fluss zueist und bei einer entsprechenden Eisdicke sogar begangen werden kann.
Erste Vorboten von Eis zeigten sich dieser Tage schon an den Rändern des Neckars. Sollte der Fluss künftig wieder zufrieren und das Abtauen des Eises mit einer Hochwasserlage zusammenfallen, kann es durchaus kritisch werden. Bei den Katastrophenschutz-Verantwortlichen wird dann viel Improvisationstalent gefordert sein. Es gibt niemanden mehr, der entsprechende Erfahrung mit Eisgang auf dem Neckar hat.