Neuer Text

Bürgermeister John Gustav Weiss

Heißt er John Gustav Weiß oder Weiss?

Wie sich der ehemalige Eberbacher Bürgermeister und Ehrenbürger richtig schreibt - Eindeutig anders als im bisherigen öffentlichen Gebrauch

Eigenhändige Unterschrift: Dr. Weiss.

Dezember 2015
Von Rainer Hofmeyer

Mal so, mal so. In Eberbach kursieren immer noch verschiedene Schreibweisen zum ehemaligen Bürgermeister und Ehrenbürger - Dr. John Gustav Weiß und Dr. John Gustav Weiss. Eine stimmt nicht. Die Suche nach dem richtigen Namen ist eine recht spannende Sache. Und das Ergebnis ist genauso verblüffend wie eindeutig. So eindeutig, dass jetzt innerhalb der Stadtverwaltung die letzten Zweifel über die Schreibweise beseitigt sind.

Eigentlich sollte man ja bislang schon den Namen des früheren Eberbacher Bürgermeisters authentisch in der Öffentlichkeit lesen können. In Neckarwimmersbach hängen schließlich mehrere Schilder: „Dr.-Weiß-Straße“. Und die Lehranstalt an der Weidenstraße firmiert unter „Dr. Weiß-Schule“.

Dass letztere Schreibung - unabhängig vom Eigennamen des ehemaligen Eberbacher Bürgermeisters - schon aus anderem Grunde falsch ist, müssten die an der Schule Lehrenden eigentlich kraft eigener Rechtschreibausbildung selbst wissen. Zu finden im Duden ab Regel 21. Da fehlt ein Bindestrich hinter dem „Dr.“. So liest es sich jedenfalls, als hätte Dr. Weiß eine Frau namens Schule geheiratet und einen Doppelnamen angenommen, nämlich „Weiß-Schule“. Solches ist von John Gustav W. ganz bestimmt nicht überliefert. Um diesen fehlenden Bindestrich wird jedoch nicht diskutiert. Es geht um den Namen an sich. Schreibt man jetzt richtig John Gustav Weiß oder John Gustav Weiss? Überwiegend wird in der Bevölkerung „Weiß“ verwendet.

John Gustav W. ist am 21. August 1857 in Mannheim auf die Welt gekommen. Was liegt näher, als dem Namen des früheren Eberbacher Bürgermeisters beim dortigen Standesamt auf den Grund zu gehen. Im Pleutersbacher Stadtarchiv wird schon lange eine Reproduktion der Geburtsurkunde verwahrt. Darin steht handschriftlich „John Gustav Weiss“. Und zwar in der damals üblichen flüssigen Schreibung für diesen Doppelbuchstaben: Ein langes und ein rundes s, durch Ligatur verschmolzen - aber kein Eszett. So ist John Gustav unzweifelhaft als „Weiss“ geboren. Wenn ein nach der Geburt eingetragener Name nicht anschließend per Verwaltungsakt geändert wird, dann heißt der Mensch laut Personenstandsgesetzt bis an sein Lebensende wie in der Geburtsurkunde niedergelegt.

Weiss war von 1893 bis 1927 Bürgermeister in Eberbach. 1900 veröffentlichte er die Geschichte der Stadt Eberbach. Dort findet sich ein Bild des Verfassers mit seiner höchst eigenhändigen Signatur: „Dr. Weiss“. Das ist die ausschlaggebende historische Faktenlage. In vielen Druckwerken der Stadt wurde über die Jahre hinweg verschiedentlich dennoch „John Gustav Weiß“ verwendet, selbst in der 1937 zu seinen Ehren herausgegebenen Festschrift und in vielen der jährlichen Geschichtsblätter. Weiss hat das nie kritisiert.

Mit einer geänderten Rechtschreibregelung in früheren Jahren kann das vielfach gedruckte „Weiß“ nichts zu tun haben. Denn Weiss bzw. Weiß ist ein Familienname und keine Farbe. Da kann man nichts per Dekret anordnen. Heute gibt es quer über Deutschland rund 9 000 Telefonbucheinträge unter Weiss. Auffällig ist die Häufung mit kleinem Doppel-S vor allem in Süddeutschland.

Als in geheimer Sitzung des Gemeinderates am 30. August 1937 beschlossen wurde, „das neue Volksschulhaus“ in der Weidenstraße wegen der kulturellen und sonstigen Verdienste des ehemaligen Eberbacher Bürgermeisters nach diesem zu benennen, da steht der Name des zu Ehrenden ohne jeden Zweifel zwei Mal richtig im Protokoll: „Dr. Weiss“. Und auch die Erziehungsanstalt ist im Ratsbeschluss ordnungsgemäß geschrieben: „Dr.-Weiss-Schule“. Es ist ein Rätsel, warum daraus die Schule den Namen „Weiß“ bekam.

Bereits rund sieben Jahre vor der Benennung der Dr.-Weiss-Schule ist unter dem 2. Oktober 1930 in der Stadtgeschichte notiert, dass eine neue Straße in Neckarwimmersbach den Namen des Ehrenbürgers erhält. Detaillierte Unterlagen zu diesem Gemeinderatsentscheid sind nicht archiviert. Aber spätestens beim späteren Entscheid 1937 zur Dr.-Weiss-Schule wäre ein früherer Schreibfehler beim Straßennamen zu korrigieren gewesen.

„Bürgermeister Weiss hat seinen Namen selbst immer mit kleinem Doppel-S geschrieben“, konstatierte Stadtarchivar Rüdiger Lenz schon 1999. Lenz hat aus 34 Jahren Amtszeit Quellen zuhauf. Rats-Protokolle und Verträge, Schriftverkehr der Stadt, Urkunden.  Nie stand in diesen etwas Anderes als „Weiss“.

Weiss heißt er. Da mögen noch so viele anderslautende Straßenschilder hängen und ausgerechnet eine Schule den Namen des ehemaligen Eberbacher Bürgermeisters Weiss gleich mit zwei unrichtigen Schreibungen verwenden. In der Sterbeurkunde von 1943 für seinen Ehrenbürger machte das Eberbacher Standesamt am Ende alles richtig und hat Doppel-s geschrieben. Von der Wiege bis zur Bahre hieß der gute Mann also höchst offiziell John Gustav Weiss. Bei der letzten Gemeinderatssitzung hat Bürgermeister Peter Reichert endlich klargemacht, dass der Name eines seiner Vorgänger richtig so zu schreiben ist.


Beschluss zur Namensgebung: Dr.-Weiss-Schule.

Die andere Schreibweise.

Die allerletzte Unterschrift als Bürgermeister.

Repros/Foto: Rainer Hofmeyer
Share by: