Innenminister stimmte dem Antrag der Stadt zu. Gutachten des Stadtarchivars.
Attraktiver Zusatz an den Ortseingängen. Grafik: Rainer Hofmeyer.
September 2022
Von Rainer Hofmeyer
Eberbach darf sich „Stauferstadt“ nennen. Ganz offiziell, mit Segen der Landesregierung. Ab 1. Oktober darf der Zusatz verwendet werden, insbesondere auf den Ortseingangsschildern.
Bürgermeister Peter Reichert wurde im September in Stuttgart die Genehmigung dafür überreicht, von Innenminister Thomas Strobl persönlich.
Es war die zweite Runde der Verleihung von Zusatzbezeichnungen im Lande, dieses Mal waren es 19 Städte und Gemeinden. 23 Gemeinden war bereits im Januar ein Attribut verliehen worden. Nur Eberbach wurde bis jetzt „Stauferstadt“.
Für den offiziellen attraktiven Zusatz vor dem Stadtnamen braucht man eine Genehmigung. Die erst wenige Monate zuvor geänderte baden-württembergische Gemeindeordnung machte das möglich.
Einen ergänzenden Namen kann man aus historischen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde ableiten. In Eberbach wurde inoffiziell stets von der „Stauferstadt“ oder der „Neckarstadt“ geschrieben, vor allem, um die Wiederholung des Stadtnamens zu vermeiden.
Im Rhein-Neckar-Kreis gibt es jetzt zwei weitere Gemeinden, die sich mit einem geschichtsbezogenen Zusatz schmücken können. Schönau bekommt die „Klosterstadt“. Und Neidenstein wird zum „Burgdorf“ - die Gemeinde, in der Eberbachs Bürgermeister Peter Reichert zuvor im Amt war.
Reicherts Eberbacher Vor-Vorgänger Horst Schlesinger hatte die Innenstadt zu seiner Zeit stets als „staufische Altstadt“ gepriesen. Was jedoch tatsächlich an ihr staufisch ist, und ob die Stadt Eberbach tatsächlich von Stauferkönig Heinrich gegründet wurde, bedurfte die genaueren Überprüfung und Beweisführung.
Stadtarchivar Dr. Marius Golgath hatte für Stadtverwaltung und Gemeinderat eine gutachterliche Stellungnahme erarbeitet, um das Innenministerium zu überzeugen. In Baden-Württemberg gibt es zahlreiche Städte, die man den Staufern zurechnet, dem Adelsgeschlecht vom Hohenstaufen bei Göppingen, das Könige und Kaiser hervorbrachte.
Wimpfen am Neckar hatte als gleichfalls Stauferstadt gegenüber Eberbach mit seiner Kaiserpfalz historisch sogar eine wichtigere Funktion, jedoch bis heute noch kein entsprechendes Ersuchen bei der Landesregierung gestellt. Wimpfen und Eberbach waren die Eckpfeiler der staufischen Herrschaft im unteren Neckartal, nachdem 1195 die Pfalzgrafschaft mit Heidelberg verloren gegangen war.
Golgath konnte sich bei seinem Staufer-Gutachten insbesondere auch auf Forschungsergebnisse beziehen, die der ehemalige Leiter des Badischen Generallandesarchivs Karlsruhe, Dr. Hansmartin Schwarzmaier, in seiner Eberbacher Stadtgeschichte und im Geschichtsblatt veröffentlicht hat. Bei derart fundierten Belegen gab es im Ministerium keine Zweifel mehr an der Zustimmung zum Eberbacher Antrag. Schönau hingegen musste noch einmal nachbessern.
Wenn 2027 das Jubiläum 800 Jahre Stadt Eberbach gefeiert wird, so bezieht man sich auf ein zu Zeiten des Bürgermeisters Dr. John Gustav Weiss angenommenes ursprüngliches Datum der staufischen Stadtgründung. Für Eberbach ist es das Jahr 1227. Da wurde die Burg Eberbach zusammen mit der Stadt Wimpfen vom Bischof von Worms dem Stauferkönig Heinrich VII. als Lehen gegeben. Erst 1734 wurde dieses Ereignis von Johann Friedrich Schannat in einer Schrift überliefert, dem Geschichtsschreiber des Bistums Mainz.
Der Name Eberbach ist älter als die Zeit der Stadtgründung. Wie der Name dereinst aufgekommen ist, bleibt Spekulation. Mit der Lage an Bach oder Fluss und dem Wildreichtum der Gegend dürfte er sicher zusammenhängen. Schriftliche Belege des Namens Eberbach gibt es erst im 12. Jahrhundert.
In einer pfalzgräflichen Urkunde von 1196 bereits werden die Grafen von Lauffen erwähnt. Einer von ihnen, „Cunradus“ (Konrad), bezeichnete sich als „comes de Eberbach“ (Graf von Eberbach). Auch die Dienstleute auf der Burg, die sich seinerzeit im Umbau befand, nannten sich im 13. Jahrhundert ebenfalls nach „Eberbach“.
Es gibt keine Urkunde, in der Eberbach formal die Stadtrechte verliehen wurden. Solche Staatsakte finden sich eher in der heutigen Zeit. Im Mittelalter war das Werden einer Stadt eine Entwicklung über äußere bauliche Merkmale bis hin zur Verleihung bestimmter einzelner Rechte wie etwa das Marktrecht. Es wird angenommen, dass es zuerst unterhalb der Burg Eberbach einen dazugehörenden hochwassersicheren Weiler gab, der sich am Scheuerberg, rund um das heutige Gässel, befunden hat. Von einer richtigen Stadt konnte hier jedoch keine Rede sein.
Eberbachs Altstadt in ihrer jetzigen Struktur gibt es nicht ohne den Stauferkönig Heinrich. Unter ihm bildete sich wenige Jahre nach seiner Besitznahme der Burg das neue Eberbach am Neckar, das zur befestigten Stadt wurde. 1231 weilte König Heinrich nachweislich bei Eberbach, wie Historiker Schwarzmaier berichtet.
1241 wird im Reichssteuerverzeichnis vom Bau der Stadtmauer berichtet, weswegen Eberbach die Reichssteuer erlassen worden war. Das Vorhaben dokumentiert die Stadtwerdung unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auftreten des Burgherrn König Heinrich (VII.). So wurde das gebaut, was man heute „Stauferstadt“ nennt. Die damalige Stadt entspricht dem heutigen Geviert der Altstadt, deren heute noch stehende Stadttürme erst später errichtet wurden.
Die Stadtmauer aus dieser Zeit ist heute in weiten Abschnitten noch erhalten. Die Neckarfront zeigt sich heute noch in ihren seinerzeitigen Grundzügen. Beim Blauen Hut befinden sich heute noch „gebuckelte Sandsteinquader“ von damals. Der Pulverturm weist auf die spätgotische Zeit vom 14. bis 16. Jahrhundert hin. Der Haspelturm dürfte nach dem Stadtbrand von 1340 gebaut worden sein. er Rosenturm wird auch neueren Datums angenommen.
1305 führte Eberbach ein eigenes Siegel, ebenfalls das Attribut einer Stadt. Innerhalb der Stadtmauern entwickelte sich ein Adelsviertel, angelegt auf der Line Pfarrhof/Pfarrgasse zum Thalheim’schen aus. Beim Bettendorff’schen Tor war der heute noch sichtbare Eingang für den Burgkönig und seine unmittelbaren Gefolgsleute. Über 800 Jahre hat sich der Name „Hof“ für das dortige Gelände in Verbindung mit dem Königshof gehalten. Die Arkaden der Eberbacher Mittelburg zeigen große Ähnlichkeit mit denen der Kaiserpfalz in Bad Wimpfen.
Bei Stadtbränden, insbesondere dem angenommenen von 1340, sind spätestens die Altstadthäuser der Gründungszeit verloren gegangen. Es gibt also heute kein „staufisches“ Anwesen mehr in Eberbach. Allein die Stadtmauern haben die Katastrophen der Jahrhunderte überdauert.