Zwei Fährverbindungen gaben einen Hinweis auf sein Bestehen
Rätsel im Stadtarchiv gelöst
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November 2023
Von Rainer Hofmeyer
Es gibt immer wieder Zufälle, die zu neuen Erkenntnissen in der Eberbacher Stadtgeschichte führen. Im Rahmen von Vorbereitungen zu Artikeln für die örtlichen Zeitungen in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv hat es neben dem ersten Sommertagszug von 1922 weitere kleine stadtgeschichtliche Überraschungen gegeben. So kam zutage, dass es in der Au bereits 1932 ein Strandbad gab, ehe 1936 die jetzige große Anlage eingeweiht worden ist. Bei Recherchen war aufgekommen, dass mit Datum 28. Juni 1933 zwei Fährverbindungen neu eingerichtet worden sind .
Diese Fährverbindungen lagen zwischen zwei Anlegestegen auf der Stadtseite und einer auf der anderen Neckarseite etwa bei der Stelle des Anlegers nahe der heutigen DLRG-Station. Losgefahren wurde am rechten Neckarufer in der Verlängerung der Friedrichstraße, die zweite Route startete etwa bei der Einmündung der Hirschhorner Landstraße. Eine Fähre wurde mit Motor betrieben, eine war ein Rudernachen. Fährmänner waren die Brüder Karl und Friedrich Kappes.
Was im Zusammenhang mit diesem Eintrag in den Regesten von 1933 Fragen aufwarf und die neue Erkenntnis zu einem Neckarbad in der Au brachte: Das Ziel der beiden Fähren war laut Eintrag in der Jahresübersicht ein „neues Strandbad“ . 1933 konnte es jedoch nicht das erst später gebaute Quellwasserschwimmbad sein, das bei den Eberbachern über viele Jahrzehnte gleichfalls „Strandbad“ genannt wurde. Dieses Bad war im Sommer 1936 eingeweiht worden . Es ersetzte ein Pontonbad, das in Sommermonaten oberhalb der Brücke lag. Es hatte sich im Februar 1935 bei einem Hochwasser aus dem Winterlager im Hafen losgerissen und wurde auf der Neckarstrecke bis zur Schleuse Heidelberg-Karlstor vollständig zerstört.
Im Eberbacher Geschichtsblatt von 2007 ist zwar die Geschichte des heutigen Freibades in der Au ausführlich beschrieben. Fast beiläufig wird dabei ein „Strandbad“ erwähnt, ohne dass jedoch nähere Hinweise auf seine Anlage und seinen Standort nachzulesen sind . Gab es also 1933 bereits ein „Strandbad“ in der Au?
Die Antwort hat Stadtarchivar Dr. Marius Golgath entdeckt. Zufällig wird damit auch geklärt, warum die Eberbacher früher immer vom „Strandbad“ sprachen, wenn sie das heutige Freibad meinten. Ab 1932 hatte Eberbach nicht nur ein, sondern zwei Bäder im Neckar. Neben der oft beschriebenen „Städtischen Badeanstalt“ mit Pontons und Hütten oberhalb der Neckarbrücke gab es auch noch ein „Strandbad“ in der Au. Dort, wo heute das Freibad gelegen ist. Der Neckar war durch die Kanalisation inzwischen ausreichend gestaut, um auch Schwimmern Gelegenheit zum Baden zu geben. Zur Sicherheit war der Bereich im Fluss mit Holzbalken abgegrenzt. Auch Nichtschwimmer konnten sicher sein: Das Bad hatte keine festen Öffnungszeiten, der Eintritt war kostenlos.
Man sprach offiziell auch von einem Licht-, Luft- und Sonnenbad. Denn angrenzend an das Ufer gab es bereits die heute genutzte Liegewiese. Das „Strandbad“ sollte wohl auch kein Provisorium sein, sondern eine weitere Freizeitgelegenheit, zusätzlich zum Pontonbad. So wurde noch einiges in das „Strandbad“ in der Au investiert. Die Stadt kaufte Kies vom Bau der Schleuse Guttenbach und ließ ihn in den Neckar schütten, um eine sichere Höhe für die Nichtschwimmer zu gewährleisten. 1933 wurden sogar Duschen und Umkleidekabinen aufgestellt .
Gedanken machte man sich um die Kanalisation, vornehmlich aus dem größer werdenden Stadtteil Neckarwimmersbach, die aus hygienischen Gründen unterhalb des „Strandbades“ in den Neckar eingeleitet werden sollte . Das Abwasser der Stadt selbst schien am Lauer in ausreichendem Abstand zum Badeplatz in den Fluss einzufließen, meinten die Stadtverantwortlichen.
Von Anfang an hatte sich ein gewisses Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden Neckarbädern ergeben. Der städtische Bäderausschuss präferierte das alte Pontonbad bei der Neckarbrücke und wollte das „Strandbad“ verlegen, unmittelbar unterhalb der Brücke. Das wäre jedoch wegen verschiedener Untiefen zu gefährlich gewesen .
Wenngleich das „Strandbad“ in den städtischen Archiven nur bei einer gezielten Nachforschung in alten Plänen gefunden werden kann, legt ein Foto mit der Aufschrift „1935“ eigentlich eine eindeutige Spur zum damaligen „Strandbad“. Das Bild zeigt den Bademeister Franz Veith mit einigen Badegästen, und zwar in der Au, beim Ufer des Neckars, auf der großen Wiese mit Blickrichtung Stadt. Die Jahreszahl „1935“ auf dem Foto konnte noch nichts mit dem großen, neuen Freibad zu tun haben. Plausibel wird die Jahreszahl also nur, wenn man weiß, dass es bereits vor dem 1936 eröffneten großen Freibad dort eine Schwimmgelegenheit gab. Veith hatte drei Jahre lang die Aufsicht sowohl in der städtischen Badeanstalt als auch im „Strandbad“ . Geholfen hat ihm dabei seine Frau, die 50 Mark im Jahr dafür bekam. Veith war dann der erste Bademeister im neuen Freibad.
Nach der Zerstörung der Flussbadeanstalt im Winter 1935 wurde das Freibad mit Schwimmbecken projektiert, das 1936 eröffnet worden ist. Inzwischen war Dr. Hermann Schmeißer Bürgermeister. Im Gemeinderat wurden die Standorte Bleichwiese bei den heutigen Berufsschulen und der jetzige Platz in der Au diskutiert . Der Gemeinderat favorisierte die Eberbacher Neckarseite. Die herausragende Position der Anlage in der Au und die längere Besonnung waren ausschlaggebend für die Entscheidung, die Schmeißer zu jener Zeit nach der damaligen Gemeindeordnung allein, ohne weitere Rücksprache mit dem Gemeinderat, treffen konnte .
In der Nachkriegszeit war das Freibad mit dem heute noch angelegten großen 50-Meter-Becken und den damals hölzernen Umkleidekabinen für die Eberbacher nichts anderes als „das Strandbad“. Den Namen hatte man vom vorherigen Bad übernommen, sogar ganz offiziell, wie die Werbung aus jener Zeit belegt . Gleichzeitig beschrieb man damit die herrliche Lage am Fluss. Eberbachs Freibad zählt noch heute als das Schönste im ganzen Neckartal. Anfangs hatten andere Städte noch Badegelegenheiten im Neckar; Sonderbusse von bis Mannheim rollten die Badegäste in Scharen nach Eberbach. Nach der Eröffnung 1936 kamen so viele Besucher, dass die Anlage im Folgejahr erweitert werden musste.